Jin, Jiyan, Azadî – Frauen, Leben, Freiheit. Diese Parole ertönt zurzeit in vielen Medien und auf allen Straßen weltweit. Der Ursprung liegt dabei in der kurdischen Unabhängigkeitsbewegung und ist dort bereits seit Jahrzehnten in allen politischen Strömungen wiederzufinden.
Erst seit der Islamischen Revolution von 1979 gelten im Iran strenge Kleidungsvorschriften für Frauen. Die Ermordung der jungen Kurdin Jîna Amini (22) sorgte weltweit für Aufmerksamkeit und eine Protestbewegung explizit im Iran. Laut Medienberichten hat die sogenannte iranische Sittenpolizei entschieden, sie habe ihren Hijab nicht ordnungsgemäß getragen, sie deshalb in Teheran verhaftet und auf ein naheliegendes Polizeirevier gebracht. Vor Ort wurde Jîna Amini mehrere Stunden festgehalten und wenig später in ein Krankenhaus eingeliefert. In diesem wurden Hirnblutungen festgestellt, die nachweislich auf äußerliche Gewalteinwirkung zurückzuführen sind.
Unabhängige Berichte decken auf, dass Jîna sowohl im Gefangenentransporter als auch auf der Polizeiwache geschlagen und misshandelt wurde. Diese Tatsache wurde bewusst vom Mullah-Regime verschleiert. Die Bevölkerung und die internationale Gemeinschaft reagierten mit Entsetzen auf ihren Tod. Es kommt weltweit und insbesondere in ganz Kurdistan und dem Iran zu Demonstrationen. Auf diese Proteste reagiert das herrschende Mullah-Regime mit äußerst brutaler Gewalt und Kriminalisierung der Bewegung, bzw. der Menschen, die sich ihr anschließen. Es kam und kommt zu weiteren Verfolgungen, Verschleppungen und Ermordungen von Menschen – insbesondere jungen Frauen – die für ihre Freiheit kämpfen. Zahlreiche Inhaftierte werden hingerichtet, nicht selten in Schauprozessen.
Wir verurteilen diese willkürlichen, immer brutaler werdenden Gewaltexzesse und tausendfachen Festnahmen durch iranische Sicherheitskräfte aufs Schärfste. Wir erklären uns solidarisch mit den Protestierenden und Streikenden im Iran, die ihr Leben riskieren, um für Selbstbestimmung, die Sichtbarkeit von Frauen, die Umsetzung der Menschenrechte und gegen patriarchale Herrschaftslogiken kämpfen. Unsere Solidarität gilt genauso allen Protestierenden aus der iranischen Diaspora in der Bundesrepublik und weltweit, die sich, trotz der möglichen Konsequenzen für Verwandte, den Protesten anschließen. Wir fordern die Menschen dazu auf, Jîna Amini bei ihrem richtigen Namen zu nennen, denn aktuell ist es zum Beispiel im Iran nicht erlaubt, offiziell kurdische Namen zu tragen, und der systematischen Unterdrückung und Leugnungspolitik des iranischen Regimes entgegenzuwirken.
Wir sind der Meinung: Nur durch friedlichen und konstruktiven Dialog kann eine langfristige Lösung geschaffen werden. Wir verurteilen jegliche Gewalt und fordern die internationale Gemeinschaft und die Vereinten Nationen dazu auf, die Menschen in Kurdistan und im Iran in ihrem Bestreben nach Frauenrechten und Freiheit zu unterstützen! Es ist für uns ein zentrales Anliegen, das Recht der Völker auf Selbstbestimmung zu respektieren und zu fördern, um ein friedliches Miteinander zu ermöglichen und die Region und den Nahen Osten zu stabilisieren.
Die Bundesregierung muss im Rahmen ihrer feministischen Außenpolitik einen besonderen Fokus auf die Überwindung unmittelbarer und struktureller Gewalt gegenüber Frauen und weiteren marginalisierten Gruppen legen. Wir fordern die Bundesregierung deshalb auf, folgende Forderungen konsequent zu vertreten und um deren Unterstützung bei den Regierungen der Mitgliedstaaten der EU zu werben.
Wir fordern:
- Druck auf das iranische Regime aufzubauen, Demonstrationen zuzulassen und jegliche Form von Gewalt an Demonstrant*innen zu unterlassen,
- allen Menschen, ob Kurd*innen, Iraner*innen, Belutsch*innen, Afghan*innen, Aserbaidschaner*innen, Ezid*innen und allen anderen Völkern in Kurdistan und im Iran muss ein Leben in Freiheit ermöglicht werden,
- ein Ende der Gewalt gegen die Bevölkerung und ein Ende der Angriffe auf Kurdistan und kurdische Einrichtungen,
- die Freilassung aller Frauen und weiterer Personen, die verurteilt wurden, weil sie Gleichberechtigung fordern oder in Folge der Proteste inhaftiert wurden,
- den couragierten Protest der iranischen Zivilgesellschaft zu unterstützen sowie den Stopp aller Hinrichtungen im Iran,
- weiterhin einen bundesweiten Abschiebestopp in den Iran,
- erleichterte Aufnahmebedingungen für politisch Verfolgte,
- strengst mögliche Sanktionen gegenüber der politischen Elite und ihrer Kollaborateur*innen im Iran zu beschließen (unter möglichst geringem Schaden der Bevölkerung),
- alternative Internetzugänge zu fördern, um die Zivilbevölkerung im Iran zukünftig vor einer Isolierung von der Weltgemeinschaft zu schützen,
- keine öffentlichkeitswirksamen Treffen von Repräsentant*innen des deutschen Staates mit Vertreter*innen des Regimes zuzulassen, weil diese von dem Regime zu Propagandazwecken und zur Legitimierung seiner Politik missbraucht werden.
Wir fordern junge Menschen in Deutschland auf, sich zu informieren und zu solidarisieren! Die Proteste begannen mit dem Aufschrei junger Menschen und werden jetzt von der gesamten Bevölkerung getragen.
Jin, Jiyan, Azadî!