Der Bund der Alevitischen Jugendlichen in Deutschland (BDAJ) e.V. ruft alle, die für Demokratie und Menschenrechte stehen, dazu auf, zum Kölner Dom zu kommen, um den Völkermord von Dersim/Türkei in den Jahren 1937/1938 zu verurteilen und Rechenschaft zu verlangen.
Köln, 23. April 2024. Am 4. Mai 1937 beschloss die türkische Staatsführung unter Atatürk eine militärische Großoffensive gegen die vorwiegend alevitische Bevölkerung in der ostanatolischen Region Dersim. Die Operation trug den Namen „Züchtigung und Deportation“. Eine „Endlösung“ des jahrzehntelangen „Dersim-Problems“ wurde angestrebt. Das türkische Militär marschierte daraufhin mit 50.000 Soldaten in Dersim ein, brannte Dörfer nieder und ermordete zehntausende Zivilisten. Die türkische Luftwaffe bombardierte das Gebiet mit Giftgas. Wer das Massaker überlebte, wurde zwangsumgesiedelt, Mädchen von ihren Familien getrennt und auf Mädcheninternate geschickt, wo sie „zivilisiert“ werden sollten.
Darunter verstand die türkische Staatsführung, dass sie türkisch und sunnitisch erzogen werden sollten, denn die alevitische Kultur war Atatürks Republikanismus ein Dorn im Auge: Das Volk von Dersim lebte seinen Glauben in seiner ursprünglichen, vorislamischen Form – pflegte eigene Riten und eigene Sprachen. Die Führung der jungen Republik jedoch verlangte eine einheitliche Staatsreligion.
Die Bevölkerung von Dersim bezeichnet das Massaker als den „zweiten Genozid“. Der erste ist der Völkermord an den Armenier*innen, die bis 1915 ebenfalls in Dersim lebten. Die Mitglieder der christlichen Minderheit wurden im ersten Weltkrieg von türkischen Soldaten des osmanischen Reiches ermordet. 2016 wurde dieses Massaker vom Deutschen Bundestag offiziell als Völkermord anerkannt.
„Wir junge Alevit*innen tragen die Verantwortung dafür, dass das Massaker von Dersim nicht vergessen und als Völkermord anerkannt wird. Wir wollen den Genozid an unseren Vorfahren in Deutschland bekannt machen. Sowohl das Osmanische Reich als auch die junge türkische Republik gaben alles dafür, dass jegliche kulturelle, ethnische und religiöse Vielfalt
vernichtet wurde. Und diese Unterdrückungs- und Diskriminierungspolitik gegenüber Minderheiten hält auch in der heutigen Türkei an“, so Serdar Dumlu, Bundesvorsitzende/Bundesvorsitzender des Bund der Alevitischen Jugendlichen (BDAJ). „Weil in NRW deutschlandweit die meisten Alevit*innen leben, ist die Millionenstadt Köln mit ihrem markanten Dom der ideale Austragungsort für unser Gedenken.“
Ãœber den Bund der Alevitischen Jugendlichen in Deutschland (BDAJ) e.V
Der BDAJ e.V. versteht sich als alevitisch-demokratischer Arbeiter*innenjugendverband und vertritt als eigenständige Jugendorganisation der Alevitischen Gemeinde Deutschland K.d.ö.R. die Interessen von rund 78.000 Kindern und Jugendlichen in 135 Mitgliedsvereinen und elf Bundesländern. Der BDAJ betätigt sich in den Bereichen Interessenvertretung, außerschulische Bildungsarbeit und Freizeitgestaltung. Besonders die Motivation der Jugendlichen zu kritischem Denken und Handeln sowie zur demokratischen Mitgestaltung aller gesellschaftlichen Lebensbereiche spielt in der Arbeit des Kinder- und Jugendverbandes eine wichtige Rolle. Ziel ist es, dass junge alevitische Menschen sich als gleichberechtigten Teil der deutschen Gesellschaft wahrnehmen und an dieser in den verschiedensten Bereichen partizipieren. Der BDAJ leistet aktive Antirassismusarbeit und tritt jeder Ideologie der Ungleichwertigkeit entschieden entgegen. Der Sitz der Bundesgeschäftsstelle des Bund der Alevitischen Jugendlichen in Deutschland ist in Köln.
Ãœber das Alevitentum
Das Alevitentum ist eine eigenständige und in Deutschland anerkannte Religionsgemeinschaft mit anatolischen Wurzeln. Weltoffenheit, Toleranz und Humanismus sowie das strikte Veto gegen religiösen Fundamentalismus und Nationalismus sind wesentliche Eckpfeiler. In der Türkei gibt es heute rund 14 Millionen Menschen alevitischen Glaubens. Seit Jahrzehnten kämpfen sie gegen Diskriminierung. In Deutschland leben ungefähr 800.000 Alevit*innen.