COVID-19 – JA zu Fakten, NEIN zur Verschwörung!

Im vergangenen Jahr wurden Verschwörungsmythen aufgrund der neuen Erkrankung COVID-19 immer häufiger und führten zu sogenannten „Querdenker”-Demonstrationen, die größtenteils von rechtsradikalen, antisemitischen, antidemokratischen und rassistischen Menschen besucht wurden. Wir verurteilen die Sorglosigkeit und Ignoranz von Menschen, die Teil der „Querdenker“ sind und mit ihrem Handeln andere Menschen gefährden und Falschinformationen und fiktive Erzählungen verbreiten.

Was steckt dahinter? Als die Volksrepublik China am 31. Dezember 2019 den Ausbruch einer neuen Art der Lungenentzündung in der Provinz Wuhan bestätigte, konnte niemand erahnen, wie groß der Einfluss dieser Krankheit auf unser aller Leben sein wird. Schon gut zweieinhalb Monate später, am 11. März 2020, erklärte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den Ausbruch von COVID-19 zu einer weltweiten Pandemie.

Kurz darauf folgte hier in Deutschland der erste Lockdown und weitreichende Kontaktverbote traten in Kraft, mit dem Ziel die Ausbreitung der Krankheit zu verlangsamen. Da viele Menschen aufgrund des Lockdowns ihre Jobs verloren oder in die Kurzarbeit geschickt wurden, wuchs eine allgemeine Unsicherheit und eine Existenzangst innerhalb der Bevölkerung. Hinzu kam, dass durch die Schließung von Kitas, Schulen, Universitäten, Sport- und Freizeiteinrichtungen das soziale Leben enorm eingeschränkt wurde. Zu Beginn der Pandemie häuften sich zudem – nicht nur in Deutschland – rassistische Übergriffe auf Menschen, die als „asiatisch“ aussehend wahrgenommen wurden. Die Pandemie erschwert die Lebensverhältnisse gerade auch von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, verschlechtert Bildungschancen, sorgt für viel Frust und auch für psychische Belastungen und einen Anstieg häuslicher Gewalt. Dies soll hier nicht kleingeredet werden – im Gegenteil.

Dennoch: In gesellschaftlichen Krisenzeiten, wie der Corona-Pandemie, entfalten sich Verschwörungsmythen besonders drastisch. Es dauerte deshalb nicht lange, bis die erste „Anti-Corona-Demo“ bzw. „Querdenker-Demo“ in Deutschland stattfand.

Wer Verschwörungsmythen anhängt, vermutet, dass kleine, geheime und mächtige Organisationen großen Einfluss auf politische Entscheidungen und auf die Gesellschaft als Ganzes haben. Meist halten diese Menschen auch Journalist_innen und Medien für manipuliert („Lügenpresse“) und sehen in Politiker_innen und anderen Führungspersönlichkeiten „Marionetten“ der dahinterstehenden Mächte. Verschwörungsmythen können also ein Gefühl von Sicherheit und Kontrolle erzeugen, weil sie ein scheinbares Wissen über politische Machtverhältnisse beinhalten und eine Einteilung in Gut und Böse ermöglichen. Verschwörungsmythen erzeugen ein einfaches Weltbild, in dem leicht Feinde ausgemacht werden können. Darin liegt auch die Verbindung zum Antisemitismus, denn meist sind die kleinen, geheimen und mächtigen Organisationen, von denen eine angebliche Verschwörung ausgeht, jüdische Bänker_innen, die Rothschilds, oder ganz einfach „die Juden“.

In Bezug auf die COVID-19-Pandemie und die „Querdenker”-Demos wurden Mythen über geheime Impfkartells, Manipulation von Genmaterial oder Injektion von Elektrochips durch Impfungen oder der Zweifel an Existenz und Gefährlichkeit der Krankheit überhaupt verbreitet. Auch dies kann als Versuch verstanden werden, sich selbst Sicherheit und Kontrolle herbeizureden, indem die Gefahren der Pandemie geleugnet werden. Impfgegnerschaft, Misstrauen gegenüber „Mainstream-Medien“, Regierungserklärungen und Robert-Koch-Institut und die Angst vor einer angeblich drohenden autoritären Diktatur sind Überzeugungen, die Teilnehmende an „Querdenker”-Demos im Allgemeinen teilen.

Von Beginn an war klar, dass diese Verschwörungsmythen Hand in Hand mit Antisemitismus und Rassismus gingen. An der „Querdenker”-Demo in Berlin, die am 29.08.2020 stattfand, beteiligten sich unter anderem die NPD, rechtsextreme Kleinparteien, sogenannte „neue Rechte“, AfD-Politiker_innen und viele mehr. Somit handelt es sich bei der Berliner „Querdenker”-Demo um die größte rechtsextreme Mobilisierung seit den Ausschreitungen in Chemnitz im Jahre 2018.

Zudem haben „Querdenker“ auf ihren Demos bspw. Judensterne mit dem Wort „ungeimpft“ oder Verkleidung, die der Häftlingskleidung von Konzentrationslagern nachempfunden ist, getragen. Auch Plakate mit der Aufschrift „Impfen macht frei“ (in Anlehnung an das Eingangstor des KZ Auschwitz: „Arbeit macht frei“) wurden gezeigt. Dies ist eine unerträgliche Verharmlosung des Holocaust und Zeichen der rechtsradikalen Gesinnung vieler „Querdenker“.

Auch die in Deutschland Ende Dezember gestartete Corona-Impfung ist mittlerweile ein Ziel der sogenannten „Querdenker-Bewegung“. Die „Querdenker“ tragen nun Masken mit der Aufschrift „Impfen macht frei“ (was eine weitere abscheuliche Anlehnung an das Eingangstor des KZ Ausschwitz darstellt) und protestieren nun vor Seniorenheimen, um die Bewohner vor der Corona-Impfung zu warnen. Zudem wurde am 08.01.2021 ein Impfzentrum in Rostock, noch vor seiner Eröffnung, angegriffen.

Gefährlich ist nicht nur die Ideologie, die hinter der „Querdenker”-Initiative steckt, sondern auch der explizit ausgewählte Name der Initiative. Der Begriff „Querdenker“ wurde bis zur Entstehung der Initiative als etwas positives aufgefasst, doch wird nun damit rechtsradikales Gedankengut verbreitet.

Durch die Einbindung der sozialen Medien (Livestreams und Beiträge) fühlen sich mehr Personen dazu ermächtigt, ihre antisemitische, antidemokratische und rassistische Gesinnung auf die Straße zu tragen. Wir müssen uns als Gesellschaft dagegen zu Wehr setzten!

Außerdem fordern wir ein Umdenken im Umgang mit der „Querdenker”-Initiative! Dabei handelt es sich nämlich um Rechtsextradikale, die anti-Corona Demos als Vorwand nutzen, um Menschenhass und Rechtspopulismus zu verbreiten. Genau aus diesem Grund muss ein umfangreiches Monitoring betrieben werden!

Und eins sollte klar sein: Wer mit Rechtsradikalen und Antisemit_innen gemeinsam demonstriert, ist Teil des Problems!

Köln, den 27.02.2021

Bund der Alevitischen Jugendlichen in Deutschland e.V.

Fußnoten:

1Rechtsextreme Einstellungen dauerhaft auf hohem Niveau

2Verschwörungserzählungen

3Leipziger Autoritarismus-Studie 2020

4TÖDLICHE VERSCHWÖRUNG: DREI MONATE NACH HANAU

5Antisemitismus Recherche Berlin

6Schluss mit „Schwurblern“ – Dahinter steckt eine mörderische Ideologie

7Gewalttätige Impfgegner*innen – Drohungen und Antisemitismus

8Rechter Schulterschluss mit Corona-Leugnern